Fehlgeburt/Abtreibung

fehlegeburtMenschen erleben den Tod eines nahe stehenden Anderen in Bezug auf sich selbst. Die Frage „Wer bin ich?“ muss nach dem Tod anders beantwortet werden als vorher, wenn der Andere als Bestandteil der eigenen Persönlichkeit erlebt wird. Identität ist hier Beziehung. Dies gilt besonders auch für den Verlust ungeborener Kinder. Und: Fehlgeburten und insbesondere eine Abtreibung erzeugen immer auch Schuldgefühle und stellen dadurch eine bedeutsame Belastung für die eigene Identität wie auch die Partnerschaft dar.

Ein solcher Verlust kann einen biografischen Wendepunkt darstellen: Es geht anders weiter als bisher. Oft ziehen sich die Betroffenen oder auch die Familien in sich selbst zurück und bewegen sich aufeinander zu oder voneinander weg. An diesem Punkt entscheidet sich, wie die gemeinsame Geschichte weitergehen kann und wird.

Im Falle einer Fehlgeburt entstehen Fragen nach dem richtigen Verhalten während der Schwangerschaft, nach genetischen Ursachen bei sich selbst oder beim Partner. Verzweifelt werden die Ursachen für den Verlust gesucht. Denn oft bleiben die Kliniken die Antwort schuldig oder es dauert lange bis eine eindeutige Ursache gefunden ist.

Der Entscheidung für eine Abtreibung gehen zwar intensive Beratungsgespräche voraus. Es bleiben jedoch immer - abseits jeder moralisch-ethischen Betrachtung - Zweifel und Gefühle von Schuld zurück. Auch wenn beide Eltern den Entschluss gemeinsam getroffen haben, kommt es später häufig zu Schuldzuweisungen dem anderen Elternteil gegenüber. Viele Beziehungen scheitern früher oder später daran.

Der Verstorbene bleibt ein bedeutender Anderer (Bednarz)

Für Eltern, die ein ungeborenes Kind verloren haben, bedeutet das, das Ungeborene in die Familie aufzunehmen, ihm möglicherweise sogar einen Namen zu geben und den anderen Kindern davon zu erzählen. Denn tot ist nur, wer vergessen wird. Es bedeutet, dem verlorenen Kind ein Beerdigungsritual zu geben, gleichgültig, ob das ein Platz in einem Raum ist oder an einer geliebten Stelle in der Natur. Viele Frauen, die ein Kind auf solche Weise verloren haben, tun dies ganz intuitiv, trauen sich aber nicht, jemandem davon zu erzählen, weil sie befürchten, für nicht normal gehalten zu werden. Damit bleiben die Partner außen vor und können ihrerseits den Verlust nicht angemessen verarbeiten.

In der hypnosystemischen Trauerbegleitung geht es um die Entwicklung einer dauerhaften, inneren Beziehung zu dem verlorenen Kind, die es möglich macht, die eigene Identität zu wahren, die Partnerschaft und die Familie zu erhalten und ein neues Leben danach möglich werden zu lassen.