Was ist das?
Das Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, AD/HS, ist keine Kinderkrankheit, sondern eine genetisch bedingte und damit ererbte Wahrnehmungsstörung. Erst zu Beginn des 19.Jahrhunderts durch die fortschreitende Industrialisierung, die Bildungsrevolution und die Entstehung der Kleinfamilie haben sich die Lebensbedingungen derart geändert, dass diese, früher für bestimmte Aufgaben nützliche, Erbanlage zum Problem wurde. Historisch gesehen, bezeichnete AD/HS zunächst eine Unart (Zappelphillip), später die Bereitschaft krank zu werden und schließlich eine Geisteskrankheit. Aus systemischer Sicht ist es eine bestimmte Art, die Welt zu sehen.
Als AD/HS wird eine der am häufigsten vorkommenden psychischen Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters bezeichnet Bis vor ein paar Jahren ging man davon aus, dass die Symptome nach der Pubertät verschwinden würden. Aber mehr als ca. 70 % der Betroffenen leiden auch als Erwachsene unter mehr oder weniger deutlichen Symptomen des Syndroms.
Man unterscheidet dabei drei Formen:
- den hyperaktiven Typ (ADHS)
- den hypoaktiven, unaufmerksamen Typ (ADS)
- den Mischtyp
Symptomatik
Die meisten Menschen kennen AD/HS Symptome (Lustlosigkeit, Erschöpfung, Launenhaftigkeit, Wutausbrüche, Vergesslichkeit, Unpünktlichkeit etc.). Die Übergänge sind fließend. Bei den Betroffenen jedoch ziehen sich die Symptome wie ein roter Faden durchs ganze Leben. Häufig sind es Chaos und Desorganisation zu Hause und am Arbeitsplatz, starke Schwankungen der Stimmung, Impulsivität, Getriebenheit, schlechtes Gedächtnis, Mangel an Zeitgefühl, Konzentrationsprobleme, zu leichter Schlaf, Erschöpfungszustände, Beziehungsprobleme und Suchterkrankungen, die zum Scheitern im Alltag führen. Unangepasstes Verhalten zeigt sich als Unpünktlichkeit. Die Unfähigkeit, sich länger zu konzentrieren, hat zur Folge, dass wichtige Informationen nicht gehört werden. Es besteht aber auch die Neigung, sich so in etwas zu verbeißen, dass alles andere nicht mehr wahrgenommen wird. AD/HSler sind extrem kreativ und haben viel Phantasie und brilliante Ideen. Sie fangen unzählige Projekte zugleich an, verzetteln sich dabei und bringen oft nichts wirklich zum Abschluss. Die Schwierigkeit, mit einer Arbeit überhaupt anzufangen in Verbindung mit großer Planlosigkeit infolge des mangelhaften Zeitgefühls hat enorme Probleme am Arbeitsplatz zur Folge. Dies alles erzeugt einen hohen Leidensdruck, der die Betroffenen schließlich in die Therapie führt. Viele Eltern kommen erst über die Diagnose ihres Kindes auf die Idee, selbst betroffen zu sein.
Aber es gibt auch eine Menge Stärken: Hochbegabung auf bestimmten Gebieten, Einfühlsamkeit, Charisma, Tierliebe, Kreativität, Multitasking, problemlösendes Denken, Pragmatismus und Stehvermögen.
Behandlung/Therapie
Medikamente, Sport und harte körperliche Arbeit
bei gestörter Impuls-. Aktivitäts-, Aufmerksamkeits- und Gefühlsstörung.
Coaching
bei mangelhaftem Bewusstsein für die eigenen Emotionen, negativem Selbstbild, mangelnder Handlungssteuerung, fehlendem Zeitverständnis und zur Findung der richtigen Berufsentscheidung.
Psychotherapie
hilft die Folgeschäden des AD/HS wie Sozialängste und das vernichtende Selbstwertgefühl zu lindern, die individuellen Kompensationsmechanismen zu stärken und die vorhandenen Stärken herauszuarbeiten und zu fördern.
Paartherapie bzw. Familientherapie
trägt zum Verständnis der Problematik bei und führt so zur Deeskalation von Auseinandersetzungen. Die Schulung des Lebenspartners als Coach ermöglicht die Planung von Veränderungen der Alltagsroutine und verhilft zu mehr Struktur.
Ist die Kompensation von Sprunghaftigkeit und Konzentrationsstörungen durch eine passende Berufswahl im kreativen Bereich bereits gelungen, so ist häufig keine Behandlung notwendig.